Donnerstag, 27. Mai 2010

Kulturschock Uzbekistan ???????

Wenn man Uzbekistan hört, fallen einem mehr oder weniger viele Dinge und Namen dazu ein. Für uns hieß Uzbekistan: Seidenstraße, Samarkand, Bukhara, ausgetrockneter Aralsee mit gestrandeten Schiffen – und wir dachten: Kaum Touristen.
Der Anfang hat gestimmt, die Anzahl der Touristen nicht!
Aber mal wieder der Reihe nach: Im Moment sitzen wir in Tashkent in unserem kleinen, gemütlichen Hotel die 5 Tage ab, die die chinesische Botschaft braucht, um unser China Visum zu erstellen. Fast alle anderen hier warten ebenfalls: China, Kirgistan und Tadjikistan sind heiß begehrt. Themen wie „Welche Nation muß welche Vorgaben der verschiedenen Embassies erfüllen, ist es eventuell einfacher, das Visum in Dushanbe oder Bishkek zu beantragen, sind die durch die Unruhen gesperrten Landgrenzen von Tadjikistan nach Kirgistan wieder offen, sind die Straßen vom Pamir Highway in Tadjikistan nach den Überflutungen der letzten Woche wieder passierbar, welche Möglichkeiten gibt es zur Zeit nach Tibet einzureisen und vor allem, wo in Tashkent gerade ein Visacard akzeptierender ATM ( EC Automat) funktioniert der dann auch noch tatsächlicher Dollar ausspuckt ?“ werden hier heiß diskutiert. Letzteres kann einem wahre Kopfschmerzen bereiten: Der Wechselkurs des Euros war in Uzbekistan bereits vor der Eurokrise deutlich schlechter als der Dollar. Als nächstes gibt es einen Schwarzmarkt, der einem den Kurs erheblich verbessert (statt offizieller 1500Som für 1 $ - 2200 Som auf dem Schwarzmarkt, somit ist Bargeld unerläßlich. ATM's gibt es nicht und cashed man mittels Visacard /Mastercard/ Traveller-Scheck in einer Bank oder Hotel darf man entsprechend 4% Komission zahlen, die in der Summe natürlich gewaltig ist.
Folglich ist jeder, sowohl Tourist als auch Einheimischer, darauf aus,in Tashkent, als einzige Stadt Uzbekistans mit Visa ATM diese seltenen Teile zu plündern, um seine Dollar Cash Reserven für den Schwarzmarkt aufzustocken - mit der Konsequenz, wenn gerade mal wieder einer gefunden ist, verbreitet sich die Info wie ein Lauffeuer und der Automat ist innerhalb kürzester Zeit wieder leer!
Den gestrigen Morgen verbrachten wir ab 7.30h in einer Schlange stehend vor der chinesischen Botschaft, die nur Mo-Mi-Fr von 9.00-12.00h geöffnet ist und letzte Woche geschlossen hatte. Gott sei Dank waren wir von einem belgischen Pärchen vorab per Mail darüber informiert worden, so daß wir bereits früh dort sein konnten. Steht man um 12.00h noch immer in der Schlange hat man Pech gehabt. Das Tor geht zu und man darf am übernächsten Tag wieder anstehen.
Insgesamt muß man sagen, hatten wir jedoch ausgesprochenes Glück anbetracht der vielen kleinen und größeren Visa- Horrorgeschichten: Wir brauchten keinen Letter of Invitation und wir konnten sogar das Double Entry Visum für 2x60 Tage beantragen – das dann - „Inshallah“ - am Freitag in unseren Pässen kleben wird. Ob wir tatsächlich ein Double Entry Visum für China brauchen werden, wissen wir noch nicht. Aber zur Zeit liebäugeln wir ein bissl mit Korea und Japan – aber das hat ja noch ein wenig Zeit!! Erstmal geht es Anfang nächster Woche nach Tadjikistan mit dem Pamir Highway und dann hoffentlich Kirgistan in Abhängigkeit der Aufstände und der Grenzsituation.
Die letzten 3 Wochen hatten einige „Überraschungen“ geboten. Angefangen in Nukus, wo wir für 3 Tage zu Sabine und Thomas, die wir ja schon aus dem Iran kannten, in den Truck zugestiegen sind. Somit durften wir die wahren Pflichten, Sorgen und Nöte der sog. Overlander, wie man die Selbstfahrer aus Europa nennt, erleben.
Die Strecke nach Moynaq war trocken und flach, die Dörfer arm und der Anblick des nicht mehr vorhandenen Aralsees mit seinen gestrandeten, verrosteten Schiffen deprimierend. Diese sowjet-hausgemachte Ökokatastrophe zählt zu den Weltgrößten der Geschichte.
Dank Sabine und Thomas konnten wir die Anzahl unserer „Wüstenübernachtungen samt Abenteuer“ noch einmal steigern.;-)
Die Rückfahrt sollte per GPS über eine etwas abseits gelegene Route verlaufen. Leider wurde die Überfahrt über einen breiten Fluß durch die nicht mehr vorhandene Brücke vereitelt, so daß die ganze bereits gefahren Strecke bei sengender Hitze wieder zurückgefahren werden musste. Einige Tage später haben wir per Internet noch einmal die Google Maps angeschaut - Die Straße ist in der Tat gut zu erkennen - zoomt man jedoch auf den Fluß, sieht man nur noch die Brückenreste!
Zu diesem Zeitpunkt waren wir noch immer der Meinung fast alleine in Uzbekistan unterwegs zu sein. Selbst in Khiva war die Anzahl der Rucksackreisenden und Studiosusgruppen überschaubar, so daß man nach 3 Tagen fast jeden kannte. Am Wochenende fand ein riesiges traditionelles Musik- und Kulturfest unter Schirmherrschaft der Präsidententochter statt. Wrestling, Hahnen- und Widder-Kämpfe gab es zu bestaunen, sowie unzählige Tanz und Musikgruppen die ihr Talent zum Besten gaben. Anschließend gabs 2 Tage „Urlaub“ im Sinne von „Nichtstun“ wie Reiseberichte schreiben, Bilder nachzubearbeiten, Wäsche waschen und lesenderweise Route planen. Für jeden zu Hause mag das ja wie der pure Hohn klingen. Aber bis zur Einreise nach Turkmenistan waren wir ja fast alle 2 Tage irgendwo anders, sprich: Rucksack aus - und einpacken, neu orientieren, Hotelsuche, Sightsseing Tour, am Abend wieder Route oder falls schon geschehen , Weitertransport für die nächste Etappe planen und organisieren. Das ist auf Dauer richtig anstrengend. Um so schöner sind dann die wenigen Tage „Urlaub vom Urlaub“ - grotesk -gell???
Danach ging es weiter nach Bukhara: Nirgendwo auf der Welt- selbst in Paris oder sonstigen Metropolen-haben wir je so viele Tourbusse gesehen!!!! Jeder 2. Bus gehörte einer deutschen Reisegruppe. Gefolgt von Franzosen und Italienern. Jede Medressa und jede Moschee war in einen Souvenirladen verwandelt, so daß man zum Teil vor lauter Teppichen und Tüchern an den Wänden kaum noch die Mosaike aus der Nähe betrachten konnte. Die Preise waren dem kauflustigen und vor allem kaufkräftigen europäischem Puplikum angepasst. Eines Mittags saßen wir kaffetrinkenderweise in einem kleinen Lokal. An der Wand hing ein in der Tat wunderschönes 2x2m großes Tuch. Ein älteres Ehepaar zeigte sich interessiert und fragte nach dem Preis. Leider verstanden wir nur 5000.. und dachten, das ist aber günstig! 5000 Som(2,27$)-hhmm - das kann aber eigentlich auch nicht sein - aber 5000 $!!!!!??????? Auf Nachfrage bestätigte man lächelnd die 5000 $- aber man könne uns gerne noch einen kleinen Discount geben. Wir lehnten lachend dankend ab und waren froh, daß unser Kaffee nur 50 Cent gekostet hatte.
Somit war Uzbekistan irgendwie gar nicht mehr so „exotisch“ wie wir gedacht haben. Und wer also je einen Teil der Seidenstraße bereisen möchte, in Uzbekistan ist das mehr als einfach und ungefährlich - auch ohne organisierte Tourgruppe - möglich. Per Zug ging es dann 3 Stunden weiter nach Samarkand - der Stadt des Registans mit seinen blauen Kuppeln, Medressen und Mosaiken die wohl fast jeder mit der Seidenstraße in Verbindung bringt.
Und nachdem wir dort die Nachricht aus Tashkent erhielten, daß die chinesische Botschaft bis Montag geschlossen sei, haben wir es dort in unserem Hotel mit unzähligen Tassen Tee und Kaffee und stundenlangen Gesprächen mit Reisender aller Art gut ausgehalten. An dieser Stelle muß unbedingt eine weitere Überraschung erwähnt werden. Der gemeine Rucksacktourist in Zentralasien gehört in der Tat einer aussterbenden Art an: Mehr als 2/3 aller Reisenden hier sind mit dem Fahrrad von Europa hergefahren! In unserem Hotel standen an einem Morgen 11 Fahrräder: 2 Engländer (beide über 50 Jahre alt), 2 Italiener, 2 Schweizer, 2 Belgier, 2 Franzosen und 1 Deutscher.
An dieser Stelle übrigens ganz liebe Grüße an Adi und Luise aus München, die den heißdiskutierten Karakorum Highway nach Pakistan schon vor über 20 Jahren bereist haben! ;-))
Die Tage vergingen schnell und schon saßen wir am Sonntag Mittag wieder im Zug mit Ziel Tashkent. Die Taxifahrt zu unserem Hotel war noch einmal „abenteuerlich“. Zu viert steuerten wir auf die Taximafia zu. „ Gulnara Hotel-Chorsu Bazaar- Skol'ka stoid?“ „Gulnara Hotale Chorsu Bazaar-good-good-i know!“ war die Antwort, der Preis erstaunlich schnell ausgehandelt und die Rucksäcke verpackt. 3 Minuten Fahrtzeit später hält das Taxi vor dem besten 5 Sterne Hotel der Stadt. „ Mir Hotale! „ grinst uns der Taxifahrer an - „Gulnara-Gulnara“ wiederholen unisono 4 Münder- „Mir Hotale“ erneut auf das große Portal deutend der Taxifahrer- „Gulnara-Gulnara -Chorsu Bazaar!!!“ mit Nachdruck wir. Der Preisunterschied der beiden Hotels dürfte weit im 3stelligen Bereich liegen- nur so ganz nebenbei bemerkt. Als ihm langsam dämmerte, er hätte nicht einfach „Gulnar-good- i know“ sagen sollen in der Annahme, daß alle europäischen Touristen ausschließlich im 5 Sterne Hotel wohnen, hat sich das Grinsen ein wenig verflüchtigt. 45 min später wurden wir nach endlosen Schleifen durch Tashkents Innenstadt mitten auf der Hauptstraße „gebeten“ auszusteigen - er hätte jetzt keine Zeit mehr das Hotel zu suchen und er wolle auch kein Geld von uns!
Uzbekistan- eine Überraschung an sich. Nicht ganz, wie wir es uns vorgestellt haben, aber wunderschöne Begegnungen, von Herzen liebenswerte Menschen, unendliche Hilfsbereitschaft und vor allem die wunderschönen Medressen und blauen Kuppeln der Seidenstraße haben die letzten 3 Wochen zunächst einmal unvergessen gemacht.

3 Kommentare:

  1. Schon wieder so schöne Bilder eingestellt..... Schwelg.....
    Und danebst noch die sprachlichen Bilder - immer wieder schön "mitzureisen"!

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  2. Hallo ihr zwei,habe mal wieder vorbeigeschaut. es hört sich echt spannend an.
    Und ich bewundere Euch für Euren Mut,denn es ist bestimmt nicht immer einfach.
    Ich bin eigentlich immer noch traurig,dass ich nicht tschau sagen konnte andreas!
    Also bis dann mal wieder!

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  3. Hallo ihr zwei. Sind gerade aus ganz gewöhnlichem Touriurlaub zurückgekommen.Wenn ich eure Erlebnisse so verfolge, kommt mir unser Urlaub so richtig dekadent vor. Ich wünsch euch noch viele unvergessene Tage/Wochen/Monate dort wo auch immer ihr gerade seit. Bleibt gesund uns bis dann mal wieder.
    LG aus der Pfalz
    Pudde

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