Donnerstag, 15. Juli 2010

 
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Vom Dach der Welt nach Kirgistan...

Vor fast 3 Wochen sassen wir in Khorog und haben die letzten Zeilen unseres Blogs geschrieben. Und heute sind wir tatsächlich in Osh / Kirgistan angekommen: Auf dem Landweg. Lange haben wir gezögert und gehadert, ob wir das Risiko bei dieser unsicheren Lage in Kirgistan eingehen sollen. Aber die Meldungen der letzten Tage von hiessigen NGO`S bzw. Mitreisenden hat uns dann doch von der Machbarkeit überzeugt. Die Strassen in Osh sind ausgestorben, die meisten Läden ausgebrannt, mit Brettern zugenagelt. Der Ortseingang wird vom Militär überwacht -aber es ist ruhig. Wir gehen nachher nur schnell schauen, ob irgendwo eine Chaikhana offen ist- eine Teestube, wo man eine Kleinigkeit essen kann- falls nicht, wir haben uns im Vorfeld mit Nudelsuppen eingedeckt und morgen früh geht es direkt weiter nach Bishkek.
Mal wieder der Reihe nach: 39 Tage Tajikistan sind heute leider zu Ende gegangen. Mit Abstand der beeindruckenste Teil unserer Reise! An dieser Stelle schon vorab liebe Grüsse an Thomas und Sabine: Ihr habt die richtige Entscheidung getroffen! Bei diesen Strassenverhältnissen wärt ihr mit dem Truck nicht durchgekommen.
Am Anfang der 39 Tage war das Fan-Gebirge: Unzählige türkisblaue Seen, Bergriesen von über 5000m Höhe, verwunschene Wälder- wo wir jeden Moment mit dem Erscheinen von Hobbits und Feen gerechnet haben, große und kleine kristallklare Gebirgsbäche, die schönsten Campingplätze, Hirten , die uns mit frisch gebackenen Fladenbrot und Kefir gefüttert haben, geschunden Füsse und Sonnenbrand vom Wandern, 2 neue Freunde „ Hungry und Hungrier“- 2 kleine Esel, die unser Gepäck bergauf und bergab dank Bestechungsgeld in Form von Keksen getragen haben, tausende von blühenden Hochbirgsblumen und Bettwanzen, die mit uns in einem Homestay im gleichen Bett übernachtet haben. Die 12 Tage waren furchtbar schnell vorbei und das Hauptziel- der Pamir- lag immer noch vor uns.
Unsere Weiterfahrt nach Dushanbe wurde abrupt unterbrochen: 3 Autolängen vor uns hatte ein riessiger Erdrutsch die Strasse versperrt. Gott sei dank gab es keine Verletzte. Beim Versuch die Schlammmassen zu über bzw. zu durchqueren waren wir wie alle anderen inital natürlich steckengeblieben und wurden anschliessend von einem 4 WD rausgezogen. Kaum hatten wir den ersten Geröllberg hinter uns lag der 2. bereits vor uns. Mittlerweile hatten wir unsere Rucksäcke aus dem Auto geholt und uns mit dem Gedanken angefreundet, zu Fuss über die Erdrutsche Richtung Dushanbe weiterzukommen. Immer wieder erfolgte bei Nieselregen der skeptische Blick hinauf zu den Bergen. Wo innerhalb 500m insgesamt 3 grosse Erdrutsche in den letzten 45 min heruntergekommen waren konnte jederzeit der nächste folgen!
Unser Fahrer war einmalig: Mit einem Opel Astra Kombi und Anlauf fuhr er in die Gerölllawinen hinein und wurde irgendwie auf der anderen Seite wieder herausgezogen. Wir mussten letzten Endes nicht nach Dushanbe laufen, auch wenn der Opel nach dem 3. Attentat auf das Getriebe unschöne Geräusche von sich gab. Dies war dann auch die erste und einzige Strecke in Tajikistan, die wir nicht in einem Jeep zurückgelegt haben. Von Dushanbe aus ging es nach Kuljab, von wo aus wir dann auf der tajikischen Seite entlang des Pyanj Flusses die gesamte nordöstliche afghanische Grenze gesehen haben. Afghanistan war zum Teil zum Greifen nah: Hirten und Kinder die uns gewunken haben und idyllische Dörfer direkt in die Felswände gebaut, km lange Steinpfade in steile Klippen gehauen und an einer Stelle ein Bautrupp, der einen solchen Steinpfad gerade erweiterte. Kaum zu glauben, dass Kundus, Faizabad und Kriegsgetümmel weniger als 100 km entfernt lagen. Die Strassen waren meistens nur Schotterpisten mit Schlaglöchern , größer als „Fussballfelder“ ( wir haben noch kein einziges Spiel der WM gesehen !!!!!!), Steinbrocken - grösser als Bierkästen und manch eine Brücke einfach von Schlammmassen weggerissen oder erst gar nicht existent, so daß Tajikistan bei uns als Land der Flußdurchquerungen eingegangen ist.
Via Khaleikhum ging es weiter nach Khorog- dem Tor zum Pamir. Noch immer sind wir mit Marc dem Australier unterwegs und in Khorog haben wir dann auch Ralf, Ricki und Danielle, die wir schon aus Samarkand kannten und mit denen wir bereits ins Fergana-Tal gereist waren, wiedergetroffen. Den Wakhan Korridor haben wir dann lachend zu sechst im Landcruiser verbracht. Nach 4 Tagen Wakhan Tal mit all seinen heissen Quellen, Ruinen und Petroglyphen hieß es erstmal am Bulunkul See wieder Abschied nehmen von den 3 Anderen- die wir aber sicher in Kirgistan wiedersehen werden.
Für uns hieß es dann ab Bachor mit 1 PS pro Person motorisiert, die nächsten 4 Tage Richtung Alichur entlang des Yashykul Sees zu rei(s)ten. Samt Packpferd, 3 Monat altem Fohlen und 2 Guides ging es immer höher bis zur Schneegrenze hinauf. Der höchste Pass lag bei 4300 m mit gigantischem Blick über die Hochebene. Die Anzahl der Flußdurchquerungen mit z.T. pferdebauchtiefe Stromschnellen haben wir in diesen 4 Tagen auf runde 20 geschätzt, die kleinen Bachläufe nicht mitgezählt. Am ersten Tag ging es durch ein grünes wildes Tal, wo wir am Abend am Fuße eines Bergriesen gezeltet haben. Die Trittsicherheit der tajikischen Pferde läßt einem das Herz in Anbetracht der Steilhänge und Geröllpisten die wir am 2. Tag überquert haben im wahrsten Sinne des Wortes höher schlagen... Belohnt wurden wir am Abend mit den schönsten Sonnenuntergängen und Tüten-Nudelsuppe, eissigen Nächten bei Minustemperaturen im Zelt und heißem Kaffee und Nudelsuppe am Morgen, bevor es dann wieder für 8 Stunden in den Sattel ging. ;-))) Andreas und Marc haben sich als Nicht- Reiter tapfer geschlagen und sicherlich ein Reitabzeichen verdient;-)) Kein Sturz - keine sonstigen Blessuren- und Muskelkater gabs auch beim Wandern- vielleicht nicht ganz so „Po“-betont ;-))
Insgesamt haben wir knapp 90 km entlang des Pamir Highways zu Pferd durch seine Seitentäler zürückgelegt, bevor wir müde aber gut gelaunt in Alichur angekommen sind. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es nicht- an manchen Tagen fahren nur 5 Fahrzeuge durch den Ort. Wir hatten mal wieder Glück- wie sooft bisher: Eine halbe Stunde nach Ankunft konnten wir ein Auto Richtung Murghab anhalten, dass auch noch 3 Plätze frei hatte! Die letzten Tage in Murghab vergingen schnell. Die nach wie vor unklare Situationin Kirgistan mit Meldungen von über 2000 Toten rund um Osh und 400000 Flüchtlingen in den Grenzgebieten bereitete uns große Sorge. Internetzugang hatten wir im Pamir nicht mehr, sodaß wir auf Fremdrecherchen angewiesen waren. Die Infos waren zum Teil sehr unterschiedlich, sodaß wir beschlossen hatten, unser tajikisches Visum bis zum Schluss auszureizen um größtmöglichen Abstand zum Tag des Referendum mit erwarteten erneuten Ausschreitungen am 26.6. zu bekommen. Zusammen mit einem 2. Australier sind wir dann in den Ost Pamir aufgebrochen- ein Gebiet, in daß sich nur wenige Touristen verlaufen bzw. verfahren....Am 1. Tag entlang des Rangkul Sees wurden wir beim Überqueren des Hochpasses mit den ersten Marco Polo Schafen (...vom Aussterben bedroht) belohnt. Am Mittag gab es dann die Begegnung der besonderen Art, wie der ein oder andere vielleicht schon anhand der Bilder festgestellt hat. Von Weitem sah man bereits auf einer Weide eine kleine Menschenansammlung. Beim Nähern konnten wir dann die frisch geschlachtetetn Yaks erkennen. Mit strahlenden Gesichtern und blutigem Handschlag wurden wir begrüßt. Spielende Kinder, deren größte Freude darin bestand, auf den Mägen der Yaks zu trommeln. Männer, die mit Äxten die Grobarbeit geleistet haben, während die Frauen anatomisch korrekt, Schicht für Schicht die Eingeweide durchtrennten. Anschließend wurden die überdimensionierten Fleischportionen nicht ganz kühlkettengerecht in einen Mini Bus verfrachtet, um sie nach Murghab auf den Markt zu fahren...Nachdem das letzte Yakhaar zur Weiterverwertung von der Weide aufgesammelt war wurden wir zum Tee eingeladen: Einfache Lehmstube, 1 Holzofen, Kissen auf dem Boden, im Schneidersitz an der Wand angelehnt, ein Tischtuch in der Mitte ausgebreitet, frisches Fladenbrot- vom Hausherr in Stücke gerissen- wird einem vor den Schoss gelegt, die gefüllten Teetassen werden einem gereicht, dabei die freie Hand zum Herzen geführt und sich leicht nach vorne gebeugt. Frischer Kaymak, eine dicke Creme aus Yakmilch, sowie Kefir und Zucker werden in die Mitte gestellt und nach etwa einer Stunde ist die Teeceremonie beendet. Man verabschiedet sich, wieder mit einer leichten Verbeugung, die Hand zum Herzen geführt, verläßt ein Haus, dessen Uhrwerk so ganz anders tickt als das eigene und man troz aller Verständigungsschwierigkeiten ein solch herzliches Willkommen erlebt.. Wir werden gebeten 2 Frauen mit in das nächste Tal zu nehmen- den beschwerlichen Fußweg von über 20 km an diesem Mittag können wir ihnen gerne ersparen. In dem kleinen Seitental angekommen erfahren wir, dass wir unbewußt die nichtmarkierte Grenze nach China überfahren haben und somit einen ungeplanten vorzeitigen Tagesausflug nach China hatten! Auch hier werden wir wieder herzlichst zum Tee eingeladen: Nebst dem erwähnten Kaymak werden diesmal frische Forellen dazugereicht- mehr als lecker! Am Abend erreichen wir den kleinen Ort Shaimak. In einem Homestay können wir übernachten. In einem Zimmer werden dünne Matrazen auf dem Fußboden ausgerollt, man bekommt ein Kissen, den Schlafsack hat man selbst im Gepäck. Ein Verschlag, meist 50 m vom Haus entfernt, beinhaltet ein Plumpsklo, „Duschen“ sind meist gar nicht vorhanden. Wenn man Glück hat gibt es irgendwo ein Raum mit einem Wasserfass samt Kelle, und bei richtigem Luxus manchmal warmes Wasser, daß dann extra für uns erhitzt wird. An diesem Abend hatten wir Luxus pur: 10km weiter -eigentlich im Sperrgebiet zwischen China-Tajikistan und Afghanistan- konnten wir die Grenzbeamten bestechen und durften zu den dortigen heissen Quellen fahren- mit freiem Blick aufs Dreiländereck!!! Am nächsten Morgen gabs Gaudi pur: Nachdem wir ja bereits Pferde gezähmt hatten, hatten wir uns nun in den Kopf gesetzt, wie die Kirgisen, Yaks zu bändigen. Gesagt - getan: Die Bauern haben nicht minder gelacht und sich über ihr kleines Zubrot gefreut. Marcs Yak ging gleich mal durch und er landete in hohem Bogen im satten Wiesengrün, keine Sekunde später küsste Andreas den Boden und Andrews Yak rannte schnurstracks zur Herde zurück. Dass ich nicht vor lauter Lachen samt Kamera auch noch unfreiwillig vom Yak gepurzelt bin, hätte gerade noch gefehlt...!!! Nach einer halben Stunde waren wir Meister im Yaklenken und haben uns wirklich halb totgelacht. Danach ging es per Jeep weiter ins nächste Tal, über den nächsten 4000der Pass, entlang einer Hochebene, vorbei an einzelnen Jurten und Yakherden. Strassen gibt es in diesem Sinne nicht: Vereinzelte Fahrspuren geben einem wage die Richtung an, den Rest meistert der Fahrer anhand des Bergreliefs und Bachverläufe- Off Road pur! Am Abend schlafen wir in einem ehemaligen sowjetischen Jagdcamp, dessen Umgebung mit unzähligen Hörnern von Marco Polo Schafen übersäht ist......Als wir am nächsten Morgen zurück nach Murghab aufbrechen wollten, erzählt uns ein Hirte so ganz nebenbei, dass er vor 3 Tagen schon einmal Touristen getroffen hätte. Ein Unfall- mehr war initial auf Grund der doch erheblichen Sprachschwierigkeiten nicht zu verstehen. Nach 20 minütigem Nachfragen erscheint uns das Geschilderte so suspekt, dass wir beschliessen, in das genannte Tal zu fahren um nachzusehen, ob jemand Hilfe braucht. Soweit wir den Hirten verstanden hatten, wären dort 2 Touristen mit ihrem Auto in einem Flußbett steckengeblieben und würden dort nicht mehr rauskommen. Nach 2 Stunden Fahrzeit hatten wir langsam Zweifel. Das Terrain war mehr als schlecht, sodaß wir selbst beinahe 2x in einem Flußbett bzw. Schlammloch steckengeblieben waren. Wir waren kurz davor, unserem Fahrer zu sagen, daß wir umkehren wollten, als wir einen roten Iveco in einem Flußlauf entdeckten. Das Schweiz-Deutsche Pärchen kannten wir schon von Khorog- und die Freude war mehr als groß....!!! Nach geglückter Abschleppaktion ging es dann mit nur noch bedingt fahrtauglichem Iveco im Konvoi zurück nach Khorog, wo dann am Abend das ein oder andere Baltika vernichtet wurde....;-))
Erneut galt es am nächsten Morgen alle Informationen bezüglich Kirgistan und Osh zusammenzutragen-unzählige Telefonate später stand dann der Entschluss fest, daß wir den Weg durch Südkirgistan riskieren. Die erste Etappe sollte uns an den Karakol See bringen, den höchstgelegensten Sees Zentralasiens. Dass man in dieser Höhe von Mosquitos regelrecht attakiert wird stand leider nirgendwo im Reiseführer ;-( . Wiedereinmal stand ein Tag mit Grenzübergang an und wiedereinmal durften wir unsere Rucksäcke komplett entleeren. Mitten im Nirgendwo- einer Baustelle gleich- stand ein alter, verrosteter Container. Hätte unser Fahrer nicht angehalten und unsere Pässe verlangt, wir hätten nicht bemerkt , daß wir gerade im Begriff waren aus Tajikistan herauszufahren. Viele Stunden später und einige km weiter konnten wir dann endlich kirgisischen Boden betreten- wir sind gespannt!!??

Dienstag, 13. Juli 2010

Tajikistan 2

https://photos.app.goo.gl/4RGw0ZBJCUrMOYhi1