Dienstag, 4. Mai 2010

Die ersten Tage im Iran oder - die Geschichte mit dem Chador!



Der Tag der Einreise in den Iran ist langsam aber sicher immer näher gerückt und mit ihm das Unbehagen , gegen das wir uns nicht wehren konnten. Auf all unseren Reisen erzählten uns Mitreisende die bereits im Iran waren, daß die Menschen dort mit Abstand die freundlichsten und hilfsbereitesten seien die sie je erlebt hätten! Seit Jahren stand der Iran mit auf unserer Top Liste der Länder , die wir sehen und erleben wollten. Und nun? In Van, in der Nacht vorm Grenzübergang, haben wir kein Auge zugemacht. Würde man unser Laptop konfiszieren? Dürfen wir überhaupt ein- bzw. in 3 Wochen auch wieder ausreisen? Macht mir mein grüner Rucksack Probleme ( im Vorfeld stand zur Debatte einen neuen Rucksack zu kaufen, da Grün die Farbe der Opposition ist! ) Die vielen Ereignisse der letzten Monate und unzähligen Geschichten die wir vor unserer Abreise noch erzählt bekommen oder in irgendwelchen Berichten im Netz gelesen hatten, haben natürlich auch uns beschäftigt. Es wäre gelogen zu sagen, wir wären neutral und unbeinflusst eingereist. Eine der letzten Geschichten, erzählt von einem in Deutschland lebenden Iraner hatte uns nach monatelangem „ Das ist doch alles nicht so schlimm und wird so nicht ganz richtig sein“ dann doch noch ins Straucheln gebracht: Von einem australischen Pärchen, die, da er das grüne Bändchen der Sympathie zur Opposition getragen hatte, beide zu Tode gesteinigt wurden.
Unser Bus sollte am Ostersonntag direkt nach Urmia / Iran fahren. An der Grenze stiegen wir aus und warteten zusammen mit ca. 50 Mitreisenden darauf, die Türkei verlassen zu dürfen. Das Computersystem war abgestürzt, sodaß nach knapp 3 Stunden Warten ein fröhliches Picnic-Lager unter den Reisenden entstanden ist: 3 syrisch-kurdische Nomadenfamilien, die ihren kompletten Hausrat samt Yurtengestänge bei sich trugen, eine Exil-Iranerin in bauchfreiem Top, nebst zweier weiterer iranische Familien, die gerade in der Türkei Urlaub gemacht hatten und wir, mit unseren Rucksäcken ( mein grüner im blauen Regencover verhüllt) mittendrin.
Nach 3 Stunden schlug die Stimmung plötzlich um, als ein neuer Reisebus eintraf: Dessen männlichen Insassen wollten nicht einsehen, dass sie sich nun in der nur sehr zögerlich fortbewegenden Menschenschlange zur Passabfertigung ganz am Ende anstellen sollten.
Innerhalb von Minuten kam es erst zu wüsten verbalen Ausschreitungen der gehobenen Lautstärke , dann schlagartig zu schweren Handgreiflichkeiten, wir noch immer mitten drin, die letzten Endes durch zügiges und radikales Eingreifen des Militärs beendet wurden. Na Prima- das fing ja super an!!! Noch nicht in den Iran eingereist und erste Bekanntschaft mit dem Militär!
Auf den 30 m Niemandsland haben dann alle Frauen -inklusive mir- ihre Kopftücher aufgesetzt. Von Chadors keine Spur, dafür hatten alle entweder sogenannte Manteaus oder weite lange Blusen an.
Iraner und Türken durften nach kurzem Blick in die Pässe ohne weitere Kontrolle direkt passieren- ich wurde von einem Soldaten angehalten auf der Seite Platz zu nehmen und Andreas sollte in ein Hinterzimmer nachkommen.
OK- jetzt wird also -wie in unzähligen Story's beschrieben - unser Laptop auseinander genommen, unsere letzten Internetseiten (Computerverläufe natürlich von uns im Vorfeld gelöscht) recherchiert und unsere Namen im Netz gegoogelt!!
Knapp 10 Minuten später erscheint Andreas mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Der diensthabende Offizier hätte ihn persönlich mit Handschlag begrüßen wollen und eine Tasse Tee angeboten. Er heiße ihn im Iran herzlich Willkommen und wünsche uns eine gute Zeit in seinem Land. Er freue sich, daß wir da sind und hoffe, der Iran möge uns gefallen. Danach gabs die Pässe zurück und wir durften ohne weiteren Kontrollen zu unseren iranischen Mitreisenden in den Bus eilen.
1 Stunde später trafen wir in Urmia ein. Nach herzlicher Verabschiedung unserer neugewonnen iranischen Großfamilie fuhren wir nach hartnäckigem Verhandeln über den Taxipreis in ein nahegelegenes Hotel. Der Hotelmanager beäugte mich kritisch und meinte jedoch mit einem Lachen in den Augen, ich bräuchte wohl noch einen Manteau- den Kurzmantel!
ALSO- auf Grund der vielen Nachfragen ;-)))
Chadors- zumindest wie WIR sie uns vorstellen:
Bodenlanges, tiefschwarzes schweres Gewebe, das Gesicht verhüllend- im Sinne eines Ganzkörperzeltes- wir haben sie nicht gesehen!
Und NEIN- ich musste folglich auch keinen Tragen.
Und JA- trotz allem ist es auch in den Manteaus unerträglich heiß!
Der Reihe nach:
Absolut beeindruckend war unser erster Spaziergang durch iranischen Straßen, nachdem ich dann stolzer Besitzer eines 15 Dollar teuren Manteaus war:
Kürzer und enger als eng geht’s bei der jüngeren Generation in Frage Manteau Mode nicht mehr!!!
Manteaus gibt’s in allen Farben. OK- meiner war schwarz, man wollte ja alles richtig machen !
Unter Manteaus trägt man eng anliegende Röhrenjeans und Turnschuhe oder Pumps!
Unter dem Kopftuch toupiert man die Haare so hoch wie es das Haarspray zuläßt!
Ungeschminkt geht man nicht auf die Straße!
DIE Chadors -die wir gesehen haben bestanden aus ultradünnen , durchsichtigen schwarzen Stoffen , die locker am Kopftuch befestigt und dann um die Schultern und den Körper geschlungen wurden- bei der jungen Generation so, daß man gut die darunter getragen Jeans samt Chucks o.ä. sehen konnte.
Die wenigsten Frauen waren urkonservativ in traditioneller kompletter schwarzer Kleidung samt Chador zu sehen- dies war aber natürlich auch abhängig von der Region in der wir reisten. Wesentlich offener in den großen Städten, tendentiell eher konservativ in den ländlicheren Regionen.
Ich muß gestehen, ich habe mehr als einmal Geflucht: In einem schwarzen Kurzmantel mit Kopftuch bei mehr als 30° C im Alamoot Tal zu wandern oder auf der Sonnenseite in einem nicht klimatisierten Bus zu sitzen ist nicht allzu witzig. Auch die Tatsache, daß „Frau“ unter dem Manteau schlichtweg ausser einem BH nichts mehr trägt und in der Handtasche ein T-Shirt dabei hat um bei Eintreffen in häuslicher Umgebung sich kurz umzuziehen hat diese Situation nur geringfügig verbessert.
Mittlerweile hatten wir mehrere Touristen getroffen- ohne Manteau– dafür „nur „ mit Tunika- Blusen bekleidet, sodaß ich im Wechsel entsprechend Manteau und Bluse getragen habe.
Nach knapp einer Woche musste der Manteau nichts desto trotz gewaschen werden. Um ihn ja frisch gebügelt und ordentlich zurückzubekommen, wanderte er ihn eine Wäscherei. Am nächsten Tag bekam ich einen komplett zerstörten Manteau mit Schulterzucken zurück. Des Farsi nicht mächtig konnten wir nicht verstehen was geschehen war- und ich hatte ( grinsend) ein Problem weniger!
Auch das Kopftuch wurde erneuert: Aus fest sitzendem, zünftig geknoteten Kopftuch wurde ein langer Baumwoll - Schal, der luftig um den Hinterkopf geschlungen wurde.
Die Route:
Von Urmia ging es weiter nach Tabriz, von dort nach Quazvin um weiter ins Alamoot Tal, das Tal der Assasin Burgen, zu fahren. Über Qom nach Kashan mit Tagesausflug ins 1500Jahre alte Dorf Abbyane und Niasser, dann weiter nach Esfahan zum Emam Square und im Verlauf weiter gen Osten in die Wüste nach Yazd. Einige Tage Yazd mit Zororastiertempel ChakChak und Oasendorf Kharanagh, dann weiter nach Shiraz und Persepolis bevor wir nach Kerman zurück in die Wüste sind um die Kaluts zu sehen. Im Nachtzug nach Tehran, von dort weiter nach Sari und Gorgan, Ausflug ans Kaspische Meer ( Bandar e Torkaman) um letztendlich bei Bajgiran über die Grenze nach Turkmenistan zu reisen.

Exkurs Turkmenistan Visum:
Dank des lieben Herrn Konsul in Brüssel, der leidenschaftliche Emails schreibt dafür umsoweniger leidenschaftlich seiner Arbeit nachkommt, hatten wir bis zu unserer Einreise in den Iran kein gültiges turkmenisches Transitvisum. Um nicht in die verflixte Situation zu kommen, in Tehran und Mashad KEIN Transitvisum zu erhalten, haben wir notgedrungen eine 5 Tages Tour durch Turkmenistan gebucht. Durch diese offizielle Buchung erhält man einen LETTER OF INVITATION der einem die Einreise ins Land mit Ausstellung eines gültigen Visums direkt an der Grenze erlaubt. Kosten-Punkt : 924 Eur für 2 Personen und 4 1/2 Tage!!

5 Kommentare:

  1. Hallo ihr zwei,
    schön wieder was von euch zu Lesen!Bin echt froh das es mit dem Iran so "GUT" geklappt hat!
    Noch eine schöne Reise und "TOLLE ERLEBNISSE"
    Bye Heiner & Jasmin

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  2. Hi there!

    Puuh - da sind wir aber echt froh, dass es Euch so gut ergangen ist!
    Sind in Gedanken oft bei Euch - und versprechen Euch auch bald ne ausführliche mail.

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  3. Na da bin ich froh, dass ihr ohne Probleme im Iran wart. Wir wollten schon einen Rettungstrupp zusammenstellen :)
    Viel Spaß weiterhin

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  4. Na, das war jetzt mal ´ne lange Pause bis zum letzten Lebenszeichen!
    Schön, daß es Euch gut geht!
    Hier: Same, same, no different!
    Grüße,
    Clemens

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  5. Der Wanderverein "Stolwerschuh" wird am 16.5. eine Extratour einlegen vor Freude, dass es Euch gut geht. Noch eine weitere gute Reise wünschen die 6 Oldies

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