Mittwoch, 29. September 2010

Der lange Weg nach Kathmandu!

Wir sitzen mal wieder in einer Embassy, dieses Mal der Indischen in Kathmandu und warten mal wieder bis die schier endlos lange Menschenschlange vor uns, uns endlich zum Schalter bittet. Bereits vor 1 Woche durften wir hier knapp 5 Stunden warten, um einen kleinen Zettel mit unseren Personalien durch ein winziges Fenster zu reichen. Per Telex wurden nun unsere Personalien nach Delhi gesendet und nun warten wir darauf zu erfahren, ob wir visawürdig sind oder nicht. Falls ja, erhalten wir heute Abend um 17.00h unsere Pässe zurück- nach erneuter 2 stündiger Wartezeit.Reisealltag!

Fast 7 Wochen sind seit unserem letzten Bericht aus Kashgar vergangen - 7 Wochen im Westen von China und Tibet- 7 Wochen mit zum Teil skurrilem Essen- lauten Chinesen- vielen Ärgernissen und Erdrutschen!

West- China Highlights:

…Bazaare wie vor 100 Jahren entlang der alten Seidenstrasse in Kashgar, Hotan oder Turpan mit Leckereien wie getrockneter Schlange und Mageneintopf!

...30 Std. Busfahrt quer durch die Taklamakan Wüste von Hotan nach Turpan!
Der Bus - nicht klimatisiert, die Strasse- nicht geteert und von Schlaglöchern übersät. Mit Abstand eine der härtesten Wegstrecken der Reise bisher!!!

…Dunhuang: Hunderte von historischen Höhlen im 1600m langen Kliff von Mogao - Kopf hineinstecken und die atemberaubenden buddhistischen Höhlenmalereien bewundern!

… am nächsten Morgen dann ausserhalb der Stadt die 1715m hohen Sanddünen von Mingsha Shan erklimmen, um die Pagode des Crescent Moon Lakes zu fotografieren.

...den westlichen Teil der Großen Mauer aus der Ming Dynastie in Jiayuguan bestaunen und gleichzeitig die inflationären Eintrittspreise ( meist zwischen 12 und 20 Euro pro Person) verdauen.

...nebenbei versuchen, die aus allen Himmelsrichtungen kommende laute Beschallung mit chinesischer Musik zu ignorieren.

...versuchen, Plastikpalmen, Plastikkamele und Plastikskulpturen jeglicher Art nicht mit zu fotografieren und chinesische Touristen mental auszublenden, die sich zum Einen kindlich an den Plastikbeigaben in Mitten grüner Natur riesig erfreuen und zum Anderen sich grundsätzlich nur schreiend miteinander unterhalten: Ruhe und Natur genießen gibt es in der chinesischen Kultur einfach nicht- je lauter, schriller und bunter desto besser!

...Millionenstädte ohne Ende, meist ist einem nicht einmal der Name bekannt!

...unsere chinesisches Lieblingsantwort: „MEIO!“
Hab ich nicht- gibt es nicht - weiß ich nicht - oder einfach nur: WILL MICH NICHT DAMIT BESCHÄFTIGEN!
2/3 der Erstantworten auf alle erdenkliche Fragen vom verbalen englischen „Wo ist der Bahnhof ?“ zu mimischen Gesten der „Hand zum Mund“ im Sinne von „Wo gibt es was zu Essen?“
über handschriftliche Zettel mit genauer Frage in Mandarin Schriftzeichen...MEIO!

...Lieblingsspiel: Wir fragen in einem Restaurant nach der Speisekarte - MEIO – Anbetracht mangelnder Mandarin-Kenntnisse deuten wir auf die Küche und unsere Augen - stolpern in die Küche hinein- versuchen, uns nur auf die diverse Lebensmittel die sich dem Auge so anbieten zu konzentrieren und lassen dabei den Hygienestatus außer Acht - deuten per Handzeichen an, die ausgewählten Zutaten klein zu schneiden und zu braten- und warten bei einem Glas grünen Tee darauf – was wohl auf unserem Teller letzten Endes zum Vorschein kommt!

In Lanzhou trennten sich dann erstmal für 5 Wochen unsere Wege:
Andreas hatte bereits in Tajikistan ( 3000-4000m) massive Probleme mit der Höhe - immer wieder Kopfschmerzen und vor allem eine anhaltende Schlaflosigkeit, die den Tag manchmal zur Qual werden ließen. Anbetracht dessen und der Tatsache, das das Tibetische Plateau nochmal runde 1000m im Schnitt höher liegt ( 4000m und höher), wollte Andreas nur die „kurze“ 10 Tages Tibettour mit Lhasa und dem Friendship Highway nach Nepal machen, während ich 26 Tage in den Westen von Tibet gereist bin, um erneut die Mt. Kailash Kora zu wandern - 52km mit einem Pass von knapp 5700m.

Gansu Highlights:

… Die ersten Yak Momos, kleine gefüllte Teigtaschen nach Tibet Art, wahlweise als Nachtisch mit Äpfeln und Rosinen gefüllt- Lecker!

...in Xiahe die 3 km lange Kora mit tibetischen Pilgern um das Labrang Kloster zu wandern und dabei 1174 Gebetsmühlen zu drehen.

...in Langmusi durch Zufall ein großes Maskentanzfest zu erleben.

...von Langmusi nach Songpan früh morgens mit dem Bus entlang endlos grüner Hügel mit - nicht gelogen- Millionen von Nomadenzelten rauchenden Feuerstellen und Yak- Pferde- Schafsherden zu fahren!

...mit dem Bus von Songpan nach Chengdu 24 Std statt erwarteter 8Std. zu fahren. Die ersten 8 Erdrutsche waren großteils geräumt und wir konnten holpernd passieren. Der 9. Erdrutsch verschlang einen LWK bis zum Dach mit nachfolgender 8 stündiger Räumungs – und Rettungsaktion. Um 23.00h wurden dann die mittlerweile im Konvoi fahrenden Busse ( 10 an der Zahl) von der Polizei gestoppt. Die Weiterfahrt durch die Schlucht sei bei um Mitternacht zu erwartetem schwerstem Unwetter zu gefährlich und das Risiko erneuter Erdrutsche zu groß. „Ok“- dachten sich die insgesamt 8 Touristen- dann übernachten wir eben in diesem Ort und fahren morgen früh weiter nach Chengdu. „ Nicht mit uns“- dachten sich die ca. 200 anderen CHINESISCHEN Busfahrgäste und blockierten laut schreiend die Strasse, gingen mit Fäusten auf die Polizisten los und erzwangen die Weiterfahrt in der Nacht!!!! Daß wir trotzdem übernachten wollten konnten wir nicht durchsetzen- wir wurden letzten Endes von der „entmachteten“ Polizei gezwungen wieder in unsere Busse einzusteigen – Touristen dürfen nicht in diesem Ort übernachten!!!!!
Punkt Mitternacht setzte der Regen ein, Andreas hatte ich noch angerufen und von den Geschehnissen berichtet, sodaß wir beide eine schlaflose Nacht hatten ( …)
Während der Fahrt lagen immer wieder riesige Gesteinsbrocken auf der Fahrbahn, der Sturm und Regen verwandelte die Strasse in reine Schlammbäder- letzten Endes waren wir nach insgesamt 24 Std. endlos dankbar am nächsten Morgen heile in Chengdu angekommen zu sein.

Am 23.8. ging für mich der Flug ab Chengdu nach Lhasa- bewußt habe ich auf die Tibetbahn verzichtet- mein privater, wenn auch nutzloser Protest gegen die chinesische „Siedlungspolitik“. Die Strecke „Kashgar-Chengdu in 3 Wochen“ war somit ein konstantes und anstrengendes Reisen mit nahezu täglichem Rucksack packen und endlos langen Busfahrten und Nachtzügen. Nach Tibet kann man mittlerweile nur noch mit vorab fix gebuchter Tour und entsprechenden Permits einreisen. Das Einreisedatum stand somit unabänderlich fest.
Seit Tajikistan waren wir also damit beschäftigt eine verlässliche Agentur in Lhasa zu finden, Route auszuarbeiten, Preisangebote einzuholen, sowie Mitreisende zu finden. Mitreisende deshalb, da der Gesamtpreis sich dadurch pro Person entsprechend verringert. Andreas hatte Glück und konnte sich einem Südafrikaner anschließen, der die gesamte Vorarbeit für den Friendship- Highway bereits geleistet hatte und im Verlauf komplettierten dann noch eine Amerikanerin und ein Holländer den Jeep.
26 Tage waren dagegen etwas aufwendiger zu planen. Glücklicherweise und unerwartet mit von der Party – Marc, unser Australier, mit dem wir schon durch Tajikistan gereist waren. Sein geplanter Trip nach Pakistan via Karakoram Highway zu reisen war Anbetracht der Überflutungen im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser gefallen und die Alternativroute nach Indien führt überLand eben durch Tibet!

Primär überglücklich fanden wir im Verlauf per Internetsuche im Reiseforum ein australisches „Tochter (reelle 31- gefühlte 18 Jahre alt) – Vater (reelle 65- gefühlte 75 Jahre alt) - 2er Team“.
Dies sollte jedoch zur Katastrophe werden;-( !
Hätten die Beiden ihr Urlaubsunternehmen entsprechend recherchiert und hätten die Beiden bemerkt, daß West Tibet im 4WD und OFF Road nun mal weder eine Neckermann-Senioren-Reise ist, noch Unterkünfte in 5 Sterne Hotels mir regelmäßiger heisser Dusche beinhaltet, hätten sie vielleicht im Vorfeld eine andere Reise gebucht. So aber haben sie sich mit in unseren Jeep eingebucht und uns summa summarum 26 Tage Tibet ruiniert und ein kleines Vermögen gekostet. Weitere Details kann ich gerne zu Hause erzählen, im Moment aber bin ich froh, daß mein Kummer- Ärger- Frust so langsam verblasst und ich Abstand zu diesen noch dazu verregneten 4 Wochen auf dem Dach der Welt bekomme.

Trotz alledem, die Tibet Highlights und Lowlights:

;-)…mit den Pilgern in Lhasa vor dem Jogkang Tempel zu sitzen und die Hand einer alten Tibeterin zu halten.

;-)…mit denselben Pilgern die Bakhor Kora zu laufen und dabei unzählige "Tashi Deleks – Hallo" zugerufen zu bekommen...

;-)...und sich dabei zu fragen, ob das herzergreifende, strahlende Lachen in tibetischen Gesichtern sonst irgendwo auf der Welt nocheinmal zu finden ist.

;-(...rücksichtslosen- respektlosen chinesischen Touristen den Ellbogen in die Rippen stoßen zu müssen, um 2 alten Tibeterinnen den Weg zum Altar zu ermöglichen.

;-(... eben besagte laute-respektlose-unverschämte chinesische Touristen im Kloster und überall sonst ertragen zu müssen: Wollen alte Tibeterinnen mit verrunzelten Gesichtern nicht fotografiert werden sollte man nicht mit Gewalt deren Arm vorm Gesicht herunterziehen um doch noch ein Portrait Foto schießen zu können!!!

;-) ...Yak-Steak!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

;-(...Bewaffnetes chinesisches Militär, hauptsächlich in Lhasa, alle 100m auf den Straßen der Altstadt, die quasi mit Militärposten hermetisch abgeriegelt ist, auf allen Dächern, in allen Klöstern- dort als „Feuerwehr“ getarnt!

;-(... daß Mönche des Potala Palastes ihre rote Robe nicht tragen dürfen.

;-)...der ganz eigene Geruch eines Klosters nach verbranntem Weihrauch , Kräutern, Rauch und Yak Butter.

;-)...trotz „krank“ die Kailash Kora gelaufen zu sein- allein diese 3 Tage würden eine weitere DIN A4 Seite füllen.

;-)...im alten Guge Königreich am höchsten Punkt der Ruinen zu sitzen, Blick über Tsaparang und dank kleinem Gaskocher einen heissen Kaffee in der Hand zu halten.

;-)...nach Flußdurchquerung im Niemandsland mitzuerleben, wie der nicht mehr funktionierende Kühler samt sonstiger Bauteile im Schotter ausgebaut, von Hand irgendwie „repariert“ und 4 Stunden später eingebaut wird, so daß der Jeep wieder fährt.

:-)... Sonnenuntergang am Base Camp des Mt. Everest, auch wenn es eisig kalt war!

Am letzten Tag mussten wir noch einmal den Jeep mit unseren beiden australischen „Freunden“ teilen. Wir waren Gott sei dank bereits zur Mittagszeit an der Grenze, was nur daran lag, daß Lobsang mal wieder seine nicht vorhandenen Schuhmacher- Fahrkenntnisse zum Besten gab.
Der Grenzübergang ging zügig und problemlos, mein Foto auf der Friendshipbrücke zwischen China und Nepal musste ich wieder aus der Kamera löschen und schneller als gedacht klebte das nepalische Visum in meinem Pass. Selten hab ich so die Ausreise aus einem Land herbei gesehnt wie diese!

Zu Fuß ging es weiter durch Kodari, dem kleinen Grenzdorf, um einen Bus Richtung Kathmandu zu finden. 20 min später sassen wir dann im Bus und weitere 10 min später ging die Fahrt durch das für unsere Auge nun ungewohnte grüne Tal los. Reisterrassen, Bananenstauden, kleine Dörfer, spielende Kinder, alles bunt!
Mit dem Wissen am Abend Andreas zu treffen, ein kaltes Bier zu trinken, irgendetwas Leckeres zu Essen zu bekommen, haben wir uns endlos erleichtert gefühlt, diese 4 wöchige Odyssee hinter uns gebracht zu haben. Nach 2 Stunden war unsere Fahrt abrupt zu Ende. Links der Abgrund zum Fluß, rechts ein Kliff und vor uns Stau. Ein Erdrutsch hatte mal wieder die Strasse blockiert. Nachdem nicht herauszufinden war wie lange die Räumungsarbeiten dauern werden, ist Mark nach vorne gelaufen, um sich selbst ein Bild zu machen, während ich auf unsere Rucksäcke aufgepasst habe. 90 min später war er dann zurück: Ein Erdrutsch mit riesigem Felsblock würde die gesamte Fahrbahn versperren und die technische Gerätschaft würde nicht ausreichen, die Strasse zu räumen. Für heute war sicherlich kein Weiterkommen per Bus zu sehen. Alternativ stand zur Debatte, zu Fuß die 40 min nach unten zu laufen, um über die Gesteinsbrocken zu klettern und dann auf der anderen Seite einen fraglichen Weitertransport nach Kathmandu zu organisieren. Da es aber schon Dunkel wurde und angefangen hatte in Strömen zu regnen, entschieden wir uns im Bus zu übernachten. Instant Nudelsuppen hatten wir noch, Wasser und Gas-Kocher eh, so daß für das Abendessen gesorgt war. Unser Busfahrer war verschwunden und nun hatten wir ein Problem: Unzählige Jeeps und Mini Busse in der Schlange vor uns hatten auf der engen Strasse gewendet und sind nach Kodari zurückgefahren, unzählige Busse vor uns sind meterweise immer wieder aufgerückt um die Lücken zu schliessen und nun sah ein holder Knabe Anfang 20, der normalerweise das Ticketgeld der Busgäste einsammelt seine große Chance, auch einmal den großen Bus fahren zu können! Nicht nur- daß er nicht fahren konnte, nicht– daß er allein 10 Anlaßversuche brauchte, um den Motor zu starten, nicht- daß er auf den Abgrund zusteuerte, weil er nicht in der Lage war zu lenken und dabei noch einen grossen Stein gerammt hatte, nicht- daß er mutig geworden, dieses Manöver wann immer sich auch nur 1 m bot erneut wiederholte und -noch mutiger- geworden zum Überholen eines ebenfalls fahrerlosen Busses ansetzte. Unsere mehrfachen Bitten einfach stehen zu bleiben wurden ignoriert. Mittlerweile war es kurz nach 21.00h, es regnete immer noch in Strömen, die Fahrmanöver wurden immer riskanter und es war klar, falls wir im Bus bleiben, haben wir eine gesicherte schlaflose Nacht mit ggf. freien Fall in den Abgrund. Die Entscheidung zum Packen und Loslaufen war somit leicht- notfalls hatten wir ja unsere Zelte. Nach 2 min war ich völlig durchnässt, nach 40 min haben wir dann im Scheine unserer Stirnlampen die Gestein- und Schlammlawine überklettert und nach weiteren 20 min. fanden wir einen Unterstand, unter dem bereits eine nepalische Familie und 5 Wanderarbeiter saßen. Die Familie wollte auch nach Kathmandu, Taxis gäbe es aber keine mehr, sie hätten schon alles versucht. Weitere 90 min später hatte die nepalische Familie trotz aller Erwartungen einen kleine Suzuki organisiert und sich 1000 fach bei uns entschuldigt, daß wir leider zu 6 samt Gepäck nicht in das kleine Gefährt passten. Sie hätten uns aber einen Schlafplatz organisiert. Ein LKW 500 m weiter die Strasse hinunter hätte eine leere Ladefläche, dort dürften wir im trockenen Übernachten. In Kürze: Am nächsten Morgen um 6.00h wurden wir höflich aus dem LKW gewiesen, zu Fuß ging es mehrere km in den nächsten Ort, nach einem Kaffee, frischen Papadams und gekochten Eiern in einem kleinen Strassenlokal sassen wir um 8.00h im Bus nach Kathmandu, wo wir dann endlich nach 29 Std. ankamen.
Endlos erschöpft vergingen die Tage in Kathmandu wie im Flug, ohne daß wir viel unternommen haben. Schlafen und Essen waren unsere Hauptbeschäftigung, nebst Fotobearbeitung oder einfach mal nur ein Buch zu lesen. 11 Tage später, mittlerweile das indische Visum in unseren Pässen klebend, haben wir uns ein Motorrad geliehen und fahren nun für ca. 2 Wochen per Zweirad durch den Westen Nepals, bevor wir dann über die Ostgrenze nach Indien ausreisen....noch immer haben wir keine genaue Route geplant, wie es nun weitergeht.
Über Ideen und Anregungen per Kommentar oder Email freuen wir uns ganz arg... in diesem Sinne: Wir warten auf Post!

1 Kommentar:

  1. Keine Frage, ihr wart definitiv in China ... ;-)
    Alles Gute!

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